Cannabidiol (CBD) ist ein natürlicher Inhaltsstoff der Hanfpflanze (Cannabis sativa) und gehört zur Gruppe der Phytocannabinoide. Im Unterschied zum rauschauslösenden THC (Δ9-Tetrahydrocannabinol) wirkt CBD nicht berauschend (nicht-intoxizierend) und ist nicht als Betäubungsmittel eingestuft. Chemisch ist CBD ein fettlösliches Molekül (lipophil), das die Blut-Hirn-Schranke passieren kann. Bei oraler Einnahme ist die Bioverfügbarkeit jedoch gering und schwankend, da ein erheblicher Teil beim ersten Durchgang durch die Leber abgebaut wird (First-Pass-Effekt). Sublinguale oder inhalative Anwendungen führen in der Regel zu einem schnelleren Wirkeintritt. Entdeckt wurde CBD bereits 1940, seine pharmakologischen Eigenschaften werden seit Jahrzehnten erforscht. Heute gilt CBD als nicht-intoxizierender Cannabinoid-Wirkstoff mit potenziellen medizinischen Einsatzmöglichkeiten.

Pharmakologie und Wirkmechanismus von CBD
Cannabidiol beeinflusst mehrere biologische Systeme. Im endogenen Cannabinoid-System (ECS) spielen die Rezeptoren CB1 und CB2 eine zentrale Rolle; CBD bindet daran jedoch nur schwach. Seine Effekte beruhen überwiegend auf indirekten Mechanismen, etwa auf der Erhöhung des körpereigenen Endocannabinoid-Spiegels (z. B. Anandamid) und auf der Beeinflussung weiterer Signalwege. Zu den relevanten Zielstrukturen zählen Serotonin-Rezeptoren (5-HT1A), PPAR-Rezeptoren (vor allem PPARγ), TRP-Ionenkanäle (z. B. TRPV1) und der GPR55-Rezeptor. Diese Vielseitigkeit der Zielstrukturen erklärt die unterschiedlichen Effekte, erschwert jedoch die eindeutige Zuordnung einzelner Wirkungen.
Nach der Aufnahme wird CBD vor allem in der Leber abgebaut. Wichtige Abbau-Enzyme sind CYP2C19 und CYP3A4 sowie bestimmte UGT-Enzyme. Cannabidiol kann zudem den Abbau anderer Wirkstoffe hemmen, was zu erhöhten Blutspiegeln dieser Medikamente führen kann. Das erklärt das Interaktionspotenzial bei gleichzeitiger Einnahme anderer Arzneimittel.
Medizinische Wirkungen und Anwendungsgebiete
Studien aus Labor, Tierexperimenten und klinischer Forschung zeigen eine Vielzahl möglicher Wirkungen. Bisher am besten belegt ist der Nutzen bei bestimmten therapieresistenten Epilepsieformen im Kindes- und Jugendalter (Dravet-Syndrom, Lennox-Gastaut-Syndrom) sowie bei Epilepsie im Rahmen der Tuberösen Sklerose. In diesen Fällen konnte hochreines CBD die Anfallshäufigkeit signifikant verringern; zugelassen ist hierfür das Arzneimittel Epidyolex®.
Weitere potenzielle Anwendungsfelder werden erforscht, unter anderem:
- Schmerztherapie
Reines CBD zeigt in kontrollierten Humanstudien bislang keine konsistente Schmerzreduktion gegenüber Placebo. Klinisch relevant sind eher THC-haltige Präparate oder THC:CBD-Kombinationen (z. B. Nabiximols bei spastischen Schmerzen in der Multiplen Sklerose). - Angststörungen und Depression
Erste klinische Befunde deuten auf anxiolytische Effekte hin, vermutlich vermittelt über den 5-HT1A-Serotoninrezeptor und das Endocannabinoid-System. Positive Einzelergebnisse liegen u. a. für soziale Angststörung vor, doch fehlen große, placebokontrollierte Studien. - Antiemetische Wirkung
Tiermodelle und kleinere Humanstudien berichten von einer Reduktion von Übelkeit und Erbrechen, vor allem in Kombination mit THC. Für CBD allein sind die klinischen Daten begrenzt. - Psychotische Störungen
Pilotstudien weisen auf mögliche antipsychotische Eigenschaften hin, insbesondere bei Schizophrenie. Die Ergebnisse sind jedoch heterogen, und es existiert bislang keine arzneimittelrechtliche Zulassung. - Epilepsie (über seltene Syndrome hinaus)
Für schwere kindliche Epilepsien wie Dravet- und Lennox-Gastaut-Syndrom ist CBD bereits zugelassen (Epidyolex®). Ob sich diese Wirksamkeit auf andere Epilepsieformen übertragen lässt, wird untersucht. - Neurodegenerative Erkrankungen
In präklinischen Modellen zeigen sich neuroprotektive und entzündungshemmende Effekte (z. B. bei Parkinson, Alzheimer, Huntington). Für den Menschen ist die Evidenz derzeit noch sehr begrenzt. - Autoimmun- und Entzündungserkrankungen
CBD wirkt in Zell- und Tiermodellen immunmodulierend und entzündungshemmend. Erste klinische Studien prüfen mögliche Anwendungen bei Erkrankungen wie Morbus Crohn, Colitis ulcerosa oder rheumatoider Arthritis. - Muskelentspannung und Spastik
CBD allein ist bislang nicht eindeutig als muskelrelaxierend belegt. In Studien mit Nabiximols (THC:CBD) wurde jedoch eine Reduktion spastischer Symptome bei Multipler Sklerose dokumentiert. Ob CBD isoliert einen muskelentspannenden Effekt hat, ist offen; präklinische Daten deuten auf mögliche Einflüsse auf Muskeltonus und Neurotransmission hin.
Insgesamt gilt: Die Forschung liefert vielversprechende Ergebnisse, doch außerhalb der Epilepsieindikationen fehlen für klare medizinische Empfehlungen noch umfangreiche, qualitativ hochwertige Studien.
Darreichungsformen von CBD
- CBD-Öl/-Tropfen: Extrakte (Isolat, Breitspektrum oder Vollspektrum) in Trägerölen wie Hanfsamen- oder MCT-Öl. Einnahme oral oder sublingual, flexible Dosierung, bei oraler Einnahme verzögerter Wirkeintritt.
- Kapseln/Tabletten: Geschmacksneutral, vorportioniert, praktisch für gleichmäßige Dosierung.
- Esswaren: Gummis, Riegel, Getränke. In der EU nur mit Novel-Food-Zulassung verkehrsfähig.
- Vape-Liquids: Inhalation mit E-Zigaretten oder Vaporizern; nur dafür geeignete Flüssigkeiten verwenden, keine Öle inhalieren.
- Cremes/Salben: Lokale Anwendung auf Haut oder Gelenken.
- Hanfblüten: Getrocknete Blüten von Nutzhanfsorten mit hohem CBD- und sehr geringem THC-Gehalt.
- CBD-Haschisch: Gepresstes Harz aus CBD-reichem Nutzhanf, rechtlich ähnlich wie Blüten zu bewerten.
- Medizinische Präparate: Epidyolex® (hochreines CBD) und Sativex® (THC:CBD-Kombination) sind verschreibungspflichtig. Sativex wird bei MS-bedingter Spastik eingesetzt, wenn andere Therapien nicht ausreichen.
Vollspektrum-Extrakte enthalten neben CBD weitere Cannabinoide und Terpene; Breitspektrum-Produkte sind weitgehend THC-frei; Isolate enthalten fast ausschließlich CBD. Der häufig genannte „Entourage-Effekt“ ist plausibel, aber klinisch nicht abschließend belegt.
CBD als Arzneimittel
In der EU sind derzeit nur wenige Cannabidiol-haltige Medikamente zugelassen:
- Epidyolex®: Zusatztherapie bei Dravet-Syndrom, Lennox-Gastaut-Syndrom und Tuberöser Sklerose-assoziierter Epilepsie. Erfordert ärztliche Kontrolle und regelmäßige Leberwertmessung.
- Sativex® (Nabiximols): Oromukosalspray mit THC und CBD im Verhältnis 1:1, zugelassen bei mittelschwerer bis schwerer Spastik bei Multipler Sklerose, wenn Standardtherapien nicht ausreichen.
Weiterhin sind in einigen Ländern magistrale Zubereitungen mit CBD möglich, sofern ein ärztliches Rezept vorliegt.
Nebenwirkungen und Sicherheit
CBD gilt allgemein als gut verträglich und nicht suchterzeugend. Mögliche Nebenwirkungen, insbesondere bei höheren Dosen, sind:
- Müdigkeit und Schläfrigkeit
- Schwindel
- Magen-Darm-Beschwerden (z. B. Durchfall)
- Appetitveränderungen
- Kopfschmerzen
Erhöhte Leberwerte können schon bei therapeutischen Dosierungen auftreten, vor allem in Kombination mit Valproat. Unter Clobazam sind verstärkte Müdigkeit und Schläfrigkeit möglich. Bei entsprechender Medikation sind regelmäßige Leberwertkontrollen ratsam.
Cannabidiol kann Enzyme hemmen, die am Abbau anderer Medikamente beteiligt sind, und dadurch deren Blutspiegel erhöhen (z. B. bei bestimmten Antiepileptika, Blutgerinnungshemmern, Immunsuppressiva). Bei Dauermedikation ist ärztliche Rücksprache dringend zu empfehlen.
Beim Rauchen von CBD-Blüten entstehen – wie bei Tabak – gesundheitsschädliche Verbrennungsstoffe. Verdampfen oder orale/topische Anwendung sind gesundheitlich günstigere Alternativen.
Besondere Vorsicht gilt bei Schwangeren, Stillenden, Kindern außerhalb der zugelassenen Indikationen sowie bei Personen mit Lebererkrankungen.
Rechtlicher Status
Cannabidiol ist in Deutschland und den meisten EU-Staaten nicht als Betäubungsmittel eingestuft. Seit April 2024 gilt in Deutschland das neue Cannabisgesetz (CanG) und das Konsumcannabisgesetz (KCanG), die den Umgang mit Cannabis neu regeln. Der Onlinehandel mit Cannabis bleibt verboten. Für Nutzhanf und CBD-Produkte gelten spezielle Vorschriften.
Für Lebensmittel gelten europaweit THC-Höchstgehalte (z. B. 7,5 mg/kg für Hanföl). CBD-haltige Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel fallen unter die Novel-Food-Verordnung und benötigen eine EU-Zulassung. Die Europäische Lebensmittelbehörde hat bisher keine abschließende Sicherheitsbewertung abgegeben, weshalb viele Produkte rechtlich in einer Grauzone liegen.
CBD-Blüten und -Harze dürfen nur verkauft werden, wenn ein Missbrauch zu Rauschzwecken ausgeschlossen ist. Da dieser Ausschluss in der Praxis schwer zu gewährleisten ist, kommt es häufig zu Untersagungsverfügungen.
Qualität und Kaufkriterien
Wichtige Punkte beim Kauf von CBD-Produkten:
- Laboranalysen: Unabhängige Nachweise zu CBD-Gehalt, THC-Wert und möglichen Verunreinigungen.
- Rohstoffqualität: Zertifizierter Nutzhanf, klare Herkunftsangaben.
- Extraktion: Schonende Verfahren wie CO₂-Extraktion.
- Produktkennzeichnung: Angabe von Isolat, Breitspektrum oder Vollspektrum und exakter CBD-Menge pro Einheit.
- Rechtskonformität: Zulassungsstatus bei Lebensmitteln, Kosmetika oder Arzneimitteln beachten.
- Seriosität des Anbieters: Transparente Kontaktangaben, Qualitätsmanagement, Analysen pro Charge.
Fazit
CBD ist ein vielseitiger pflanzlicher Wirkstoff mit interessantem pharmakologischem Profil. Er wirkt nicht berauschend und wird in der Regel gut vertragen, erfordert aber Aufmerksamkeit in Bezug auf mögliche Wechselwirkungen und Leberwerte. Am besten belegt ist der Einsatz bei bestimmten Epilepsieformen. Für andere Indikationen ist die Datenlage noch unvollständig. Wer Cannabidiol nutzen möchte, sollte realistische Erwartungen haben, qualitativ hochwertige und rechtskonforme Produkte wählen und bei bestehenden Erkrankungen oder Medikamenteneinnahme ärztlichen Rat einholen.
Quellen
- EMA: Epidyolex – Produktinformation (SmPC). EMA 2025. DOI/PMCID: —. Studientyp: Zulassungsdokument/SmPC. (Deckt: „Epilepsie-Indikationen; Interaktionen Valproat/Clobazam; Leberwerte“) Zugriff: 24.08.2025
- MHRA/emc: Sativex Oromukosalspray – SmPC. emc 2025. DOI/PMCID: —. Studientyp: SmPC. (Deckt: „MS-Spastik: Indikation für THC:CBD-Kombination“) Zugriff: 24.08.2025
- EFSA: CBD als Novel Food – Datenlücken-Statement. EFSA J 2022. DOI/PMCID: 10.2903/j.efsa.2022.7322. Studientyp: Behördenbericht/Statement. (Deckt: „Novel-Food-Status; Sicherheitsbewertung nicht abgeschlossen“) Zugriff: 24.08.2025
- Europäische Kommission: Verordnung (EU) 2023/915 – Höchstgehalte u. a. für Δ9-THC. EUR-Lex 2025 (konsol.). DOI/PMCID: —. Studientyp: EU-Verordnung. (Deckt: „THC-Höchstgehalte; Hanföl 7,5 mg/kg; Hanfsamen 3,0 mg/kg“) Zugriff: 24.08.2025
- BMG: Fragen & Antworten zum Cannabisgesetz (KCanG/CanG). BMG 2025. DOI/PMCID: —. Studientyp: Behörden-FAQ. (Deckt: „Versand/Onlinehandel von Cannabis bleiben verboten“) Zugriff: 24.08.2025
- BGH: Berliner Verurteilungen wegen Handeltreibens mit CBD-Blüten (Pressemitteilung). BGH 2022. DOI/PMCID: —. Studientyp: Gerichtsentscheidung/PM. (Deckt: „Verkauf von CBD-Blüten: Missbrauch zu Rauschzwecken nicht ausgeschlossen“) Zugriff: 24.08.2025
- BVL: Fällt das Hanf-Erzeugnis unter das Konsumcannabisgesetz? BVL 2024. DOI/PMCID: —. Studientyp: Behörden-FAQ. (Deckt: „Seit 1.4.2024: Cannabis nicht mehr BtM; KCanG-Rahmen“) Zugriff: 24.08.2025
- Iffland K. et al.: CBD – Sicherheit & Nebenwirkungen (Review). Cannabis Cannab Res 2017. DOI/PMCID: 10.1089/can.2016.0034. Studientyp: Review. (Deckt: „Nicht-intoxizierend; häufige Nebenwirkungen; Hinweise auf Interaktionen“) Zugriff: 24.08.2025