THC (Tetrahydrocannabinol)

THC im Kontext von Cannabis (Begriff, Vorkommen, Decarboxylierung)

In der Cannabispflanze liegt THC meist in einer sauren Vorstufe (THC-Carbonsäure, THCA) vor. Erst durch Erhitzen oder langsames Trocknen (Decarboxylierung) wird die Säure in das psychoaktive Tetrahydrocannabinol umgewandelt. Den höchsten THC-Gehalt findet man im klebrigen Harz der weiblichen Blüten und im daraus gepressten Haschisch. Je nach Cannabissorte und Anbaumethode enthalten diese Blüten typischerweise etwa 5–25 % THC (bezogen auf das Trockengewicht), in Ausnahmen sogar noch mehr. Unabhängig hiervon gibt es Hanfsorten, die nur geringste Mengen THC enthalten.

1964 wurde Δ⁹-Tetrahydrocannabinol (THC) von Yehiel Gaoni und Raphael Mechoulam erstmals in reiner Form isoliert und strukturell aufgeklärt.

Chemische und pharmakologische Eigenschaften

Physikochemie und Isomerie ((–)-Δ⁹-THC)

Strukturell gehört THC zu den pflanzlichen Cannabinoiden. Es ist stark lipophil (fettlöslich) und reichert sich daher in fettreichem Körpergewebe an. Als Siedepunkt werden oft 155–157 °C genannt; diese Werte gelten für Vakuumbedingungen. Unter Normaldruck besitzt THC faktisch keinen verlässlichen Siedepunkt, weil es bei hohen Temperaturen vor dem Sieden teilweise chemisch zerfällt. Für die Anwendung genügt: THC lässt sich aus Pflanzenmaterial bei etwa 160–180 °C freisetzen und inhalieren; höhere Temperaturen erhöhen die Abbauneigung.

Endocannabinoid-System: CB₁/CB₂ und Wirkmechanismus; Rolle von CBD

Pharmakologisch wirkt THC auf das körpereigene Endocannabinoid-System. Dieses System besteht aus Cannabinoid-Rezeptoren (CB₁ und CB₂) und körpereigenen Botenstoffen (Endocannabinoiden), die daran binden, sowie Enzymen, die deren Bildung und Abbau steuern. THC ahmt diese Botenstoffe nach und aktiviert vor allem den CB₁-Rezeptor, der vorwiegend im zentralen Nervensystem (Gehirn und Rückenmark) vorkommt. Neben CB₁-Rezeptoren bindet THC auch an CB₂-Rezeptoren, die überwiegend in Immunzellen exprimiert werden, allerdings mit geringerer Affinität und bislang unklaren funktionellen Konsequenzen.

Besonders viele CB₁-Rezeptoren finden sich in Hirnregionen, die für Gedächtnis (Hippocampus), Motivation und Belohnung, Bewegungskoordination (Basalganglien, Kleinhirn) sowie Sinneswahrnehmungen wichtig sind. Im Hirnstamm (Steuerzentrale für Atmung und Herzschlag) kommen CB₁-Rezeptoren hingegen nur in geringer Anzahl vor. Daher verursacht THC – im Gegensatz zu etwa Opioiden – keine lebensgefährliche Atemdepression.

Die Aktivierung von CB₂-Rezeptoren durch THC hat vor allem Einfluss auf das Immunsystem und entzündliche Prozesse; die genaue Bedeutung dieser Effekte wird aktuell erforscht.

THC interagiert darüber hinaus mit anderen Zielstrukturen im Körper. So beeinflusst es zum Beispiel bestimmte Gehirnrezeptoren, die an Übelkeit und Erbrechen beteiligt sind, was die antiemetische (übelkeitslindernde) Wirkung erklärt. Auch auf Schmerz- oder Entzündungsrezeptoren kann THC indirekt einwirken. Insgesamt entfaltet THC eine komplexe Wirkung, weil es in das fein abgestimmte Netzwerk des Endocannabinoid-Systems eingreift und zahlreiche Signalwege moduliert.

Cannabis enthält neben THC zahlreiche weitere Cannabinoide; besonders bedeutsam ist Cannabidiol (CBD). CBD ist nicht berauschend und kann bestimmte THC-Effekte modulieren. Hinweise sprechen dafür, dass ausreichend dosiertes CBD THC-induzierte Angst, Unruhe oder vorübergehend psychotische Symptome abschwächen kann. Diese Pufferwirkung ist jedoch nicht zuverlässig und hängt u. a. von Dosis, THC-CBD-Verhältnis, Zeitpunkt der Einnahme und individueller Empfindlichkeit ab. In Zell- und Tiermodellen zeigen sowohl THC als auch CBD antioxidative und neuroprotektive Eigenschaften; die klinische Relevanz dieser Befunde wird weiterhin untersucht.

Aufnahme, Verteilung und Abbau (Pharmakokinetik)

Der Konsum von Cannabis ist weltweit verbreitet. Viele Konsumenten rauchen Cannabisblüten (Marihuana) oder Haschisch (gepresstes Harz) mittels Joint, Pfeife oder per Vaporizer (hierbei findet keine Verbrennung, sondern eine Verdampfung statt). Auch THC-haltige Extrakte, Esswaren (Edibles) und Getränke sind verfügbar.

Die Art der Einnahme bestimmt Tempo und Dauer der Wirkung:

  • Beim Rauchen oder Verdampfen gelangt THC über die Lunge rasch in den Blutkreislauf; erste Effekte treten nach 1–5 Minuten auf. Inhalativ werden im Mittel etwa 10–35 % der verfügbaren Dosis resorbiert (technik- und geräteabhängig). Die maximale Blutkonzentration wird meist innerhalb von 1–10 Minuten erreicht, während die subjektive Maximalwirkung typischerweise nach 15–30 Minuten einsetzt. Entsprechend sind die Effekte schnell spürbar und klingen meist nach 2–3 Stunden ab (bei höheren Dosen etwas länger).
  • Bei oraler Einnahme von THC – z. B. als Edibles – setzt die Wirkung typischerweise nach 30–120 Minuten ein, erreicht nach 2–4 Stunden ihr Maximum und hält 4–8 Stunden oder länger an. Durch den First-Pass-Metabolismus in Darm und Leber gelangen meist nur etwa 4–20 % der Dosis unverändert in den Blutkreislauf; gleichzeitig entsteht 11-Hydroxy-THC, ein ebenfalls psychoaktiver Metabolit, der die Wirkung oraler Produkte verstärken und verlängern kann.

Produktpotenz

Ein wichtiger Aspekt ist die Potenz der Produkte. Durch gezielte Züchtung ist der THC-Gehalt moderner Sorten in den letzten Jahrzehnten deutlich gestiegen. Heutige Marihuanasorten (z. B. aus Innenanbau) enthalten oft 22–25 % THC. High-Potency-Konzentrate (Haschischöl, Wax, Shatter) können THC-Gehalte von 50–80 % und mehr erreichen. Solche starken Produkte verstärken das Rauschgefühl erheblich und bergen gleichzeitig ein erhöhtes Risiko für alle in diesem Kontext relevanten Nebenwirkungen.

Verteilung und Speicherung im Körper

Nach der Aufnahme verteilt sich THC rasch im Körper. Als fettlösliches Molekül reichert es sich in gut durchbluteten, fettreichen Organen an – vor allem im Gehirn, in der Leber, in Fettgewebe und in der Lunge. Im Blut wird Tetrahydrocannabinol größtenteils an Proteine gebunden transportiert. Da THC die Blut-Hirn-Schranke leicht überwindet, kann die Konzentration im Gehirn deutlich höher sein als im Blutplasma. Auch über die Plazenta gelangt THC vom Blut der Mutter in den Fötus.

Metabolismus, Eliminierung und Halbwertszeit

Der Abbau von THC erfolgt hauptsächlich in der Leber durch Enzyme (vor allem Cytochrom-P450-Isoenzyme). Dabei entsteht zuerst 11-Hydroxy-THC, das weiterhin psychoaktiv ist. Anschließend wird daraus 11-Nor-9-carboxy-THC (THC-COOH) gebildet, eine inaktive Carbonsäure. Insgesamt sind über 100 verschiedene Abbauprodukte von THC im Körper bekannt, die meisten sind jedoch nicht wirksam. Durch die Speicherung in Fettgewebe werden THC und einige Metaboliten nur langsam wieder freigesetzt, daher verläuft die Ausscheidung über Tage hinweg. Ein Großteil des abgebauten THC wird über die Galle mit dem Stuhl ausgeschieden, ein geringerer Teil über den Urin. Studien zeigen, dass nach einmaligem Konsum etwa 80–90 % des aufgenommenen THC innerhalb von etwa fünf Tagen als Metaboliten aus dem Körper entfernt sind. Bei regelmäßigem Konsum kann sich THC jedoch in den Fettdepots anreichern, weshalb Metaboliten teilweise noch Wochen nach dem letzten Konsum nachweisbar sind.

Der Abfall der THC-Konzentration im Blut erfolgt in mehreren Phasen. Zunächst sinkt der Spiegel in den ersten Stunden recht schnell, weil THC in Gewebe eintritt und abgebaut wird. Im späteren Verlauf nimmt die Konzentration langsamer ab. Die sogenannte terminale Halbwertszeit wird auf etwa 20–30 Stunden geschätzt, kann aber je nach Person stark variieren. Dies bedeutet in der Praxis: Die rauschhaften Effekte von THC sind nach wenigen Stunden weitgehend abgeklungen, geringe Mengen des Wirkstoffs und seiner Abbauprodukte bleiben jedoch noch für längere Zeit im Körper.

Eine tödliche Überdosis allein durch THC gilt beim Menschen als äußerst unwahrscheinlich. Tierexperimentelle Letaldosen liegen – je nach Spezies und Applikationsweg – um Größenordnungen über Mengen, die durch üblichen Konsum erreichbar sind.

Wirkungen von THC

Psychische und sensorische Wirkungen

Im Gehirn bewirkt THC Veränderungen in der Wahrnehmung und Stimmung. Typisch sind Gefühle von Entspannung und Euphorie – Konsumenten berichten oft von gesteigertem Wohlbefinden, Gelöstheit und manchmal einer höheren Geselligkeit oder Kreativität. Die Sinne können sich verstärken: So erscheinen Farben oft leuchtender und Musik eindringlicher, Geruch und Geschmack können intensiver wahrgenommen werden. Viele Menschen erleben ein verändertes Zeitgefühl, bei dem Minuten sich deutlich in die Länge ziehen. Auch das Denken und Reden kann sich verändern: Einige fühlen sich besonders gesprächig, andere springen gedanklich von einem Thema zum nächsten. Insgesamt führen diese Effekte zu dem für Cannabis typischen „High“, das von den Nutzern als angenehm und entspannend empfunden wird. Diese psychischen Wirkungen machen THC-haltiges Cannabis weltweit als Genuss- und Rauschmittel beliebt.

Physiologische Wirkungen

Neben den psychischen Veränderungen hat THC auch verschiedene körperliche Wirkungen. Besonders bekannt ist die appetitanregende Wirkung: Nach dem Konsum verspüren viele Nutzer einen gesteigerten Hunger. THC wirkt zudem muskelentspannend und kann Verspannungen oder Spastiken lindern. Bei höherer Dosierung nimmt man oft eine sedierende Wirkung wahr, die das Einschlafen erleichtern kann. Ebenfalls nachgewiesen ist die antiemetische Wirkung: THC verringert Übelkeit und Brechreiz, weshalb es etwa bei Chemotherapiepatienten eingesetzt wird. Schmerzlindernde (analgetische) Effekte sind ebenfalls typisch, vor allem bei chronischen oder neuropathischen Schmerzen kann THC die Schmerzempfindung reduzieren. Ein weiterer Effekt ist die Senkung des Augeninnendrucks, was früher als mögliche Therapie beim grünen Star (Glaukom) erforscht wurde.

In Labor- und Tierversuchen zeigten THC und andere Cannabinoide außerdem antioxidative und entzündungshemmende Eigenschaften. So kann THC in Zellkulturen die Entstehung von freien Radikalen hemmen und entzündliche Botenstoffe verringern. Einige Studien deuten darauf hin, dass THC das Wachstum bestimmter Tumorzellen in vitro bremsen oder den programmierten Zelltod (Apoptose) anstoßen kann. Diese potenziellen antitumoralen Effekte werden intensiv erforscht, haben aber bislang nicht zu einer etablierten Krebstherapie geführt.

THC in der Medizin

Bestimmte der genannten Effekte macht man sich in der Medizin zunutze. THC (oft synthetisch als Dronabinol) wird vor allem als Schmerzmittel, Appetitanreger und Antiemetikum eingesetzt. So verabreichen Ärzte THC-haltige Medikamente etwa bei Krebspatienten oder HIV/AIDS-Patienten, um schwerem Gewichtsverlust (Kachexie) und Appetitlosigkeit entgegenzuwirken. In der Onkologie lindert THC Übelkeit und Erbrechen durch aggressive Chemotherapien – insbesondere wenn Standardmedikamente nicht ausreichend helfen. Ein wichtiger Einsatzbereich ist auch die Behandlung von Spastik und Muskelkrämpfen: Bei Menschen mit Multipler Sklerose etwa hat sich eine Kombination aus THC und CBD (Handelsname „Sativex“, ein orales Spray) bewährt, um Muskelsteifigkeit und neuropathische Schmerzen zu mildern. Auch bei chronischen Nervenschmerzen kann THC ergänzend zur herkömmlichen Schmerztherapie sinnvoll sein.

Weitere Anwendungsgebiete werden erforscht. Einige kleinere Studien legen nahe, dass THC bei Tourette-Syndrom die Häufigkeit von Tics verringern könnte. In der Augenheilkunde wurde THC wegen seiner drucksenkenden Wirkung beim Glaukom geprüft; ein Nachteil ist allerdings die kurze Wirkungsdauer und mögliche Nebenwirkungen, weshalb es dort selten eingesetzt wird. Ebenso wird untersucht, ob THC bei entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder bei anderen autoimmunen Störungen lindernd wirkt.

In vielen Ländern ist medizinisches Cannabis heute anerkannt. In Deutschland wurde 2017 ein Gesetz verabschiedet, das den Ärzten die Verschreibung von Cannabisblüten, Extrakten oder synthetischem Dronabinol erlaubt, wenn konventionelle Therapien versagen. Die Kosten können in bestimmten Fällen von den Krankenkassen übernommen werden. Dronabinol ist in Deutschland als verschreibungspflichtiges Betäubungsmittel zugelassen und wird in Apotheken hergestellt. In den USA gibt es unter dem Namen Marinol® Dronabinol als Fertigarzneimittel, vor allem für AIDS-bedingte Gewichtsabnahme und Chemotherapie-bedingte Übelkeit. Ein anderes synthetisches THC-Derivat, Nabilon (Cesamet®), wird ebenfalls als starkes Antiemetikum verwendet.

THC – ein medizinisches Sorgenkind?

Obwohl THC zahlreiche therapeutische Effekte hat, wird es meist als Therapie zweiter oder dritter Wahl eingesetzt, wenn andere Medikamente nicht anschlagen. Seine psychoaktiven Effekte (Rausch) schränken oft den klinischen Einsatz ein, da Patienten durch die Rauschwirkung beeinträchtigt werden können. Deshalb wird intensiv geforscht, wie die medizinisch relevanten Wirkungen von THC genutzt werden können, ohne den „High“-Effekt auszulösen. Ein Ansatz ist die Kombination mit CBD, das unerwünschte Effekte teilweise abschwächen kann. Insgesamt wächst die Akzeptanz von Cannabis als Medizin; viele Länder – darunter auch Deutschland, Kanada und mehrere US-Bundesstaaten – haben Regelungen geschaffen, um den Zugang für Patienten zu erleichtern. Langzeitstudien zu Wirksamkeit und Sicherheit sind jedoch noch im Gange.

Nebenwirkungen und Risiken von THC

Akute Nebenwirkungen

Kurzfristig unter Tetrahydrocannabinol leidet vor allem die kognitive Leistungsfähigkeit. Kurzzeitgedächtnis und Konzentration sind vermindert – Betroffene können sich schwieriger an Dinge erinnern und lassen sich leichter ablenken. Das klare Denken und Lernen wird behindert, und auch die motorische Koordination ist eingeschränkt. Angesichts dessen sind Tätigkeiten wie Autofahren oder Bedienen von Maschinen unter THC-Einfluss gefährlich und gesetzlich verboten. Viele Konsumenten verlieren beim Denken gelegentlich den Faden oder setzen plötzlich zu neuen, scheinbar zusammenhangslosen Gedankengängen an.

Auf der emotionalen Ebene kann zu den angenehmen Gefühlen auch das Gegenteil hinzukommen. Bei einigen Menschen lösen höhere Dosen von THC Angst, Unruhe oder sogar Panik aus. Sehr hohe Dosen oder extreme Empfindlichkeit können vorübergehend psychotische Symptome hervorrufen. Diese Effekte klingen in der Regel ab, sobald die THC-Wirkung nachlässt, können aber massiv beängstigend sein.

Wissenschaftliche Studien legen nahe, dass starker und regelmäßiger Cannabiskonsum das Risiko für langfristige psychische Störungen wie Schizophrenie erhöhen kann – vor allem wenn Jugendliche früh damit beginnen oder eine genetische Veranlagung vorliegt. Ein eindeutiger Kausalzusammenhang ist allerdings komplex und bisher nicht abschließend geklärt.

THC kann neben psychischen auch ernsthafte körperliche Nebenwirkungen verursachen. Klinisch bedeutsam sind vor allem Tachykardie (bei Herz-Kreislauf-Vorerkrankungen besonders relevant) sowie orthostatische Hypotonie – Blutdruckabfall beim Aufstehen – mit Schwindel, was das Sturz- und Unfallrisiko erhöht. Beobachtungsstudien zeigen zudem, insbesondere in der ersten Stunde nach dem Konsum, Assoziationen mit akuten kardiovaskulären Ereignissen (z. B. Herzinfarkt, Schlaganfall); das Risiko wirkt dosis- und häufigkeitsabhängig und betrifft vor allem Risikopersonen, die Kausalität ist jedoch nicht abschließend gesichert. Motorisch können Koordinationsstörungen, Handtremor und leichtes Muskelzittern auftreten. Seltener treten paradoxe Übelkeit, Kopfschmerzen oder ein verändertes Temperaturempfinden auf; diese Beschwerden klingen meist ab. Häufig, aber meist harmlos, sind eine periphere Vasodilatation mit konjunktivaler Rötung (gerötete Augen) sowie Mundtrockenheit.

Langzeitrisiken und besondere Gruppen

Beim Rauchen von Cannabis gelangen wie beim Tabakrauch schädliche Verbrennungssubstanzen in die Lunge. Studien zeigen, dass Cannabisrauch ähnlich große Mengen Teer und toxische Substanzen enthalten kann wie Zigarettenrauch. Langfristige Folgen für das Lungenkrebsrisiko sind jedoch nicht eindeutig belegt: Einige Untersuchungen fanden bei ausschließlich Cannabisrauchern keinen signifikanten Anstieg von Krebs in Lunge oder Rachen, andere deuten bei starkem, langjährigem Konsum auf ein erhöhtes Risiko hin. Möglicherweise mildern Cannabinoide bestimmte Schäden ab, aber das ist noch unklar. Fest steht jedoch, dass durch das Mischen von Cannabis mit Tabak (etwa in Joints) zusätzlich alle bekannten Risiken des Tabakrauchens entstehen (Krebs-, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Abhängigkeit durch Nikotin).

Schwangere und Stillende sollten THC dringlichst meiden: Tetrahydrocannabinol übertritt die Plazentaschranke und gelangt ins Blut des Fötus sowie in die Muttermilch. Dadurch kann es die Entwicklung des Gehirns beeinträchtigen. Obgleich THC nicht klassisch teratogen ist (direkt fruchtschädigend), gibt es bei Tierexperimenten Hinweise auf Entwicklungsstörungen bei vorgeburtlicher Exposition. Auch Heranwachsende reagieren empfindlicher auf THC, da ihr Gehirn noch in der Reifung ist. Früher und intensiver Cannabiskonsum im Jugendalter steht im Verdacht, langfristige Beeinträchtigungen des Lernens und der psychischen Gesundheit zu fördern.

Toleranz, Abhängigkeit und Entzug

Bei regelmäßigem Konsum kann sich mit der Zeit eine Toleranz entwickeln: Der Körper gewöhnt sich an die Wirkung, sodass immer höhere Dosen nötig sind, um den gleichen Effekt zu erreichen. Außerdem kann sich eine psychische Abhängigkeit einstellen: Viele regelmäßige Konsumenten verspüren ein starkes Verlangen nach THC und haben Schwierigkeiten, enthaltsam zu bleiben. Bricht man einen langwierigen Konsum abrupt ab, treten auch physische Entzugserscheinungen auf. Typische Symptome sind Gereiztheit, Unruhe, Schlafprobleme, lebhafte Träume, vermindertes Hungergefühl und Stimmungsschwankungen. Diese Beschwerden beginnen meist einen Tag nach dem Absetzen und dauern ein bis zwei Wochen an, bis sie schließlich abklingen. Obwohl diese Entzugssymptome deutlich milder sind als bei Alkohol oder Opiaten, können sie belastend sein und einen Rückfall in den Konsum begünstigen.

Rechtliche Aspekte von THC

Internationaler Rahmen und Reformen

Im 20. Jahrhundert wurde Cannabis international primär als illegale Droge eingestuft (UN-Übereinkommen von 1961 und 1971). Bis auf wenige Ausnahmen stellten die meisten Staaten Anbau, Besitz und Handel mit Cannabis unter Strafe.

Seit einigen Jahren erleben jedoch viele Staaten eine Neuausrichtung der Drogenpolitik. Für medizinisches Cannabis öffnen sich immer mehr Länder: Ärzte dürfen THC-haltige Arzneien verschreiben, wenn andere Therapien versagen. Überdies haben mehrere Länder auch den Freizeitgebrauch von Cannabis (teil)legalisiert. So hat Kanada im Jahr 2018 den Anbau und Besitz von Cannabis für Erwachsene grundsätzlich legalisiert und reguliert. In den USA haben seit 2012 zahlreiche Bundesstaaten (beginnend mit Colorado und Washington) Cannabis für den Freizeitgebrauch erlaubt, während es auf Bundesebene weiterhin verboten ist. Uruguay war 2013 das erste Land weltweit mit einer vollständigen Legalisierung. In Europa toleriert die Schweiz medizinisches Cannabis, die Niederlande erlauben seit Jahrzehnten den Verkauf kleiner Mengen in Coffeeshops (formell illegal, aber geduldet), und Länder wie Malta oder Luxemburg haben in jüngster Zeit Schritte zur Entkriminalisierung respektive Legalisierung auf den Weg gebracht.

Deutschland: Medizin seit 2017, Teillegalisierung 2024

Seit dem 10. März 2017 ist medizinisches Cannabis in Deutschland per Gesetz zugelassen. Und ab dem 1. April 2024 gilt – wohlgemerkt ohne ärztliche Verordnung: Erwachsene dürfen bis zu 25 g (THC-haltiges Cannabis) im öffentlichen Raum mitführen und bis zu 50 g zu Hause besitzen; der Eigenanbau von bis zu drei Pflanzen ist erlaubt. Ferner sind nichtkommerzielle Anbauvereinigungen („Cannabis-Social-Clubs“) zulässig; die Abgabe an Mitglieder ist auf 25 g/Tag und 50 g/Monat begrenzt (für 18- bis unter 21-Jährige: 30 g/Monat mit max. 10 % THC). Ein bundesweit regulierter kommerzieller Verkauf ist weiterhin nicht vorgesehen; Versand, Lieferung und Onlinehandel bleiben verboten. Die Regelungen werden evaluiert und bei Bedarf angepasst.

Geschichte der Erforschung

Meilensteine: THC, Rezeptoren, Endocannabinoide

Die Kenntnisse über die Rauschwirkung reichen bis in die Antike zurück; der verantwortliche Hauptwirkstoff wurde jedoch erst im 20. Jahrhundert identifiziert. Bereits im 19. Jahrhundert untersuchten Chemiker Cannabis und isolierten einzelne Bestandteile. 1940 isolierte Roger Adams in den USA Cannabidiol (CBD). Die Isolierung und Strukturaufklärung von Δ⁹-Tetrahydrocannabinol (THC) gelang 1964 Yehiel Gaoni und Raphael Mechoulam am Weizmann-Institut – Grundlage für gezielte Studien mit Reinstoff-THC.

Ein entscheidender Fortschritt war die Entdeckung spezifischer Cannabinoid-Rezeptoren: 1988 wurde der CB₁-Rezeptor nachgewiesen (1990 kloniert), 1993 folgte CB₂. Kurz darauf wurden körpereigene Liganden beschrieben: 1992 Anandamid, 1995 2-Arachidonylglycerol (2-AG). Damit trat ein eigenes Endocannabinoid-System hervor, das unter anderem Gedächtnis, Appetit, Stimmung und Schmerzmodulation beeinflusst. THC greift in dieses System ein und erklärt so viele seiner Wirkungen und Nebenwirkungen.

Mehr Forschung

In den letzten zwei Jahrzehnten hat die Forschung zu THC deutlich zugenommen – mit klinischen Studien zu möglichen Anwendungen (etwa bei chronischen Schmerzen, Spastik, Übelkeit) sowie bildgebenden Untersuchungen zu Wirkmechanismen und potenziellen Langzeiteffekten. Trotz Fortschritten bleiben Fragen offen, insbesondere wie der therapeutische Nutzen maximiert und Risiken zugleich reduziert werden können.

Insgesamt hat THC in der öffentlichen und wissenschaftlichen Wahrnehmung einen Wandel erfahren: weg vom eindimensionalen Bild der „Teufelsdroge“ hin zu einer differenzierten Betrachtung als Wirkstoff mit Chancen und Risiken. Laufende Forschung wird maßgeblich sein, um den künftigen Umgang mit THC in Medizin und Gesellschaft fundiert zu gestalten.

Übrigens: Hanf ist nicht gleich THC

Die Hanfpflanze – Cannabis sativa – ist nicht mit THC gleichzusetzen: Zahlreiche Nutzhanfsorten sind auf sehr niedrige THC-Gehalte (typischerweise ≤ 0,3 %) gezüchtet und enthalten stattdessen höhere Anteile nicht berauschender Cannabinoide (vor allem CBD, teils CBG), charakteristische Terpene und Flavonoide sowie – in den Samen – hochwertiges Eiweiß und ein an essenziellen Fettsäuren reiches Öl.

Quellen

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